Freitag, 2. Januar 2015

Ein Beitrag zur Debatte

Mollwitz, auch bekannt als mollwitt (das ist sein Username), arbeitet in einem Mobiltelefongeschäft und ist ständig im Internet unterwegs. Auf diversen Foren gibt er seine Kommentare ab und ist in jegliche Diskussionen verwickelt. Auf einer Geschäftsreise trifft er auf Leo Richter und versucht nun ihm Eindruck zu machen, denn er weiss, wer ihn trifft, kann später in einer seiner Stories auftauchen. Nicht wegen Leo, aber wegen Lara, einer Figur von Leo und Mollwitz' Traumfrau, brennt er darauf in einer Geschichte seiner aufzutauchen.


Ich möchte einmal etwas anders vorgehen und Textstellen zitieren, damit ihr einen genauen Einblick bekommt, wie verblüffend natürlich diese bisher sieben Geschichten miteinander verknüpft wurden.


Ich arbeite in der Zentrale einer Mobiltelefongesellschaft [...] Unter der Woche trage ich Krawatte, Officezwang, der Geldverdienenmist, macht ihr ja auch. Muss sein, damit man seinen Lifesense realisieren kann (Kehlmann, 2009, S. 134).

Die Tatsache, dass mollwitt in einem Mobiltelefongeschäft arbeitet und er auch nicht motiviert ist zu arbeiten- das bringt er deutlich genug zum Ausdruck, er nennt es Officezwang und Geldverdienenmist- wage ich mich zu behaupten, dass der Verbindungsfehler der Telefonnummern von Ebling und Ralf Tanner in seiner Abteilung oder sogar bei ihm persönlich passiert ist. 

Bugclap4 meinte, dass da nichts mehr läuft zwischen ihm und Carla Mirelli, während icu_lop dachte, da ist noch was zu retten. [...] Ralf Tanner und Carla Mirelli, schrieb ich, das wird nie wieder was, der hat doch Müllmist im Hirn und ist hässlich wie Viech, das könnt ihr vergessen! (Kehlmann, 2009, S.135/137).

Diesen Post hat Ralf Tanner gesehen, als er im Internet Berichte und Kommentare über sich gesucht, korrigiert und übersetzt hat. Ralf machte sich viele Gedanken darüber, warum einer so was schreiben könnte, und nun haben wir den Kommentator persönlich kennengelernt. Und um auf Ralfs Frage zurückzukommen: Ich kann mir vorstellen, dass Mollwitz diesen Kommentar einerseits aus Eifersucht geschrieben hat -weil er selber kein schöner Mann und kein Frauenschwarm ist- andererseits ist er im Internet auch Anonym. 

Werde eins mit den Dingen, eins mit dem Einswerden, eins mit deinem Einssein mit ihnen, auch eins mit deinem Zorn, und sollte die Atombombe fallen, dann werde eins mit der Atombombe./ [...] ein paar Bücher: Platon, Hegel, Baghavdgita. Braucht keiner, steht doch alles in Was uns die Denker sagen von Auristos Blancos, aber viel klarer und leichter zu überziehen. (Kehlmann, 2009, S. 140/155).

Mollwitz ist ein Leser von Miguel Auristos Blancos Büchern? 

Nur die Story von der alten Lady, die in die Schweiz fährt, um sie niedergiften zu lassen, hab ich gar nicht gemocht, da war nichts von ihm selbst drin, und der Schluss hat gar keinen Sinn gehabt, keine Ahnung, wer den überziehen soll, ich jedenfalls nicht (Kehlmann, 2009, S.144). 
Hiermit ist wohl die Geschichte der Rosalie gemeint. Um ehrlich zu sein, fand ich die auch ziemlich seltsam. Was mich aber stutzig macht ist die Aussage „da war nichts von ihm selbst drin“. Er kam in der Geschichte als Erzähler und Autor vor. Er hat immer wieder aufgegriffen, wie viel Macht er über seine Figur, die Rosalie, hat. Das war doch nicht zu übersehen? Oder war Mollwitz' Aussage in einem übertragenen Sinn gemeint? 
[...] als seine Frau ihm den Stiefel gegeben hatte, kamen die drei Storys, wo Lara ihren Husband verlässt, Der Mond und die Freiheit, Herr Müller und die Ewigkeit, und Titel von der dritten hab ich vergessen. Also: Was ihm zustösst, das passiert dann ihr, was er macht, macht später sie, und wer ihn trifft, kann in einer Story auftauchen. In einem Literaturhausforum nannte das einer autobiographischen Narzissmus. [...] Leo verwendete Dinge, die er sah? Typen, die er traf? Events, die passierten? Ja mich konnte er verwenden. Nichts dagegen! [...] In der gleichen Welt wie Lara (Kehlmann, 2009, S.143/146/147).

 Mollwitz muss immer auf dem neusten Stand sein, was die Berühmtheiten, die in seinem Interesse stehen, betrifft. Das kommt ihm nun gut: Natürlich weiss er deshalb, dass Leo Richter in seinen Geschichten Menschen aus seinem Umfeld auftauchen lässt. Als Mollwitz auf Leo Richter trifft, versucht er Leo aufzufallen und in seine Geschichte zu kommen. Wieso? Er redet immer wieder von Lara Gaspard, welche er verehrt. Nun ist sie jedoch auch nur eine von Leos Figuren. Als weitere Figur hätte er wenigstens eine Chance seiner Traumfrau in einer Geschichte zu begegnen, wenn er schon in der Realität keinen Erfolg bei Frauen hat. 

Ihr Buch! Was glauben Sie, wo ichs gelesen hab? [...] Zwischen München und Brüssel! Speisewagen! Als ich ankam, war ich fertig! [...] Wie kommen Sie auf Ihre Ideen? In der Badewanne (Kehlmann, 2009, S.144).

Hat sich Leo nicht genau über diese Leute aufgeregt, welche alle dieselben Fragen stellen? Mollwitt kann also kaum Eindruck auf Leo gemacht haben, denn er war mit seinen Fragen nur einer von vielen. Was ich hier gleich noch als Anekdote aufnehme, ist die Tatsache, das –zumindest im Hotel aus diesem Kapitel- die Badewannen als so eng beschrieben werden, dass man auf ein Bad verzichten könnte.

Nun, dieser Beitrag ist etwas länger geworden. Zugegeben nur dank all diesen zitierten Textstellen. Doch ich denke, es ist mir gelungen, dir aufzuzeigen, wie dezent und doch wie klar ersichtlich die Geschichten ineinander verstrickt sind. 

1 Kommentar:

  1. Gut beobachtet, Alyssia. Vielleicht hätte man das Netzwerk in einer Grafik noch anschaulicher darstellen können. Entscheidest du dich für Auftrag 9? Dann hättest du schon mal eine prima Vorarbeit geleistet ;)

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